Aktualisiert am 30.12.2025.
Von: Kai Hormann
Eigentlich sollte man als Natur- und Landschaftsfotograf hauptsächlich Licht, spannende Details, oder besondere Ereignisse sammeln. Bestenfalls kommt vielleicht noch das Sammeln von Erfahrung und schönen Erinnerungen dazu. Warum habe ich also angefangen, historische Kameras zu sammeln?
Diese Frage habe ich mir selbst schon öfter gestellt, da es für meine Sammlung nie einen wirklichen „Start-Termin“, oder ein initiierendes Ereignis gab, welches mir gesagt hat: Los, fange jetzt eine historische Kamera-Sammlung an!
Vermutlich ist der Grund irgendwo zwischen meinem Beruf als Industriemechaniker (Bereich Sondermaschinenbau) und meiner „Berufung“ als Naturfotograf zu finden. Genauso wie die Natur, deren Schutz leider allzu oft unter die Räder von politischen, oder wirtschaftlichen Interessen gerät, gab es in der Vergangenheit auch etliche, wirtschaftliche Fehleinschätzungen und Entscheidungen, welche fast alle deutschen Kamerahersteller zum Aufgeben gezwungen haben. Neben diesen Umständen, zwei Weltkriegen und anderen, politischen Umwälzungen gab es im Laufe der Fototechnik aber auch Entwicklungen und Stilepochen, welche weltweit ihre Spuren hinterlassen haben und damit nicht in Vergessenheit geraten sollten.
Genau diese genialen, oder oft auch absurden technischen Entwicklungen, welche unter dem Stil-Einfluss der jeweiligen Herstellungszeit entstanden, halte ich für sammelwürdig und erhaltenswert. Einige der Exponate werden mittlerweile als Design-Ikonen im MoMA New York ausgestellt, andere Kameras waren technische Meilensteine, die es z.B. bei früheren NASA Missionen bis in den Weltraum geschafft haben. Viele Exponate sind aber einfach nur skurril und manchmal leider auch ein Beispiel, wie man es besser nicht machen sollte. Ich sammele also bevorzugt Kameras, die eine spannende Geschichte erzählen können, aber weniger solche, welche als „anniversary“, oder „limited Editions“ dem (innovationslosen) Auskommen der jeweiligen Hersteller dienten.
Und ja, trotzdem mag ich den Hersteller aus Wetzlar, da er in Vergangenheit nicht nur hochwertige Kameras, sondern einige der besten und langlebigsten Mikroskope dieses Planeten hergestellt hat, aber dies ist ein anderes Thema…
Eine alte Kamera war normalerweise einfach ein Werkzeug, um Ereignisse und Erinnerungen festzuhalten. Im Laufe der Zeit wird sie aber auch zum Kulturgut, unabhängig vom Land, Hersteller oder technischer Ausstattung.
Die ganz persönlichen Geschichten, welche diese einzelnen Kameras in meiner Sammlung erzählen könnten, verlieren sich leider im Dunkel der Vergangenheit. Jede, dieser alten Kameras wurde damals von einem stolzen Besitzer, oder einer stolzen Besitzerin, mit teilweise extremen finanziellen Aufwand in einem Fachgeschäft erworben, um damit persönliche Motive zu fotografieren. Dazwischen liegen mittlerweile einige Wirtschaftskrisen, zwei Weltkriege und viele andere soziale, oder politische Umwälzungen. Von den Anfängen der Industrialisierung, der Belle Époque, den unsäglichen Kriegen bis zu Neuzeit wären vermutlich einige interessante und vielleicht sogar Oskar-reife Storys darunter.
Neben der Faszination für diese alten, teilweise extrem komplexen, oder genial einfachen optischen Gerätschaften bleibt also auch genügend Platz für Gedankenspiele bezüglich Ihrer persönlichen Herkunft.
Historische Kameras haben keine Seele oder Persönlichkeit, aber sie sind technisch bemerkenswert, können spannende Geschichte erzählen und manchmal ist es einfach lehrreich, Ihnen zuzuhören. Deshalb versuche ich an dieser Stelle, in loser Reihenfolge, Informationen über seltene, historische Kameras, Kamerahersteller, technische Meilensteine, wirtschaftliche Fehleinschätzungen, oder großartige Design-Ideen zu zeigen.
Technische Meisterstücke und wirtschaftliche Sackgassen – Die Geschichte der Zeiss Ikon Contarex und Voigtländer Ultramatic.
In den 1950er- und 1960er-Jahren galt Westdeutschland als das Zentrum feinmechanischer Ingenieurskunst. Kameras aus Braunschweig, Stuttgart oder München waren Synonyme für Qualität, Innovation und Präzision. Unter diesen Glanzstücken ragen zwei Modelle besonders hervor – die Zeiss Ikon Contarex und die Voigtländer Ultramatic. Beide standen für technische Perfektion, aber auch für die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn man Perfektion über alles stellt.
Die Zeiss Ikon Contarex – Die “Bulls-Eye” aus Stuttgart
1959 stellte Zeiss Ikon Stuttgart die Contarex vor, ein Modell, das sofort Aufsehen erregte. Ihr markantes Aussehen mit dem großen, zentralen Belichtungsmesser über dem Objektiv brachte ihr den Spitznamen “Bulls-Eye” ein. Die Contarex war die erste Spiegelreflexkamera von Zeiss Ikon mit Schlitzverschluss und wechselbaren Objektiven.
Hinter der ungewöhnlichen Fassade steckte ein Meisterwerk deutscher Ingenieursarbeit. Im Inneren arbeiteten über 1.100 Einzelteile, fein aufeinander abgestimmt, gefertigt mit der Präzision einer Schweizer Uhr. Alles war mechanisch – kein elektronischer Komfort, sondern pure Ingenieurskunst. Das beeindruckende Äußere bestand im Inneren aus einem komplexen System aus Zahnrädern, Wellen und Hebeln, welche aufwändig, größtenteils von Hand, in ca. 4000 Arbeitsschritten zu einer Kamera montiert wurden.
Zeiss kombinierte die Kamera mit der legendären Carl Zeiss Objektivreihe, etwa dem Planar 2/50, Distagon 4/35 oder dem Sonnar 2/85. Diese Objektive setzten bis heute Maßstäbe in Schärfe und Farbtreue.
Einige Aufmerksamkeit und eine gewisse Berühmtheit erlangte eine Zeiss Contarex Special, als sie mit den Astronauten James McDivitt und Ed White am 3 Juni 1965 bei dem bemannten Weltraumflug Gemini 4 an Bord war und dort von Ed White bei einem der ersten Weltraum-Außeneinsätze zum Einsatz kam.
Doch dieser Drang zu Perfektion hatte ihren Preis: Die Contarex war teuer, schwer und kompliziert. Schon damals kostete sie fast so viel wie ein Kleinwagen – und ihre Wartung/Reparatur war entsprechend anspruchsvoll bzw. wirtschaftlich nicht darstellbar. Trotzdem wurde sie zur Traumkamera vieler Fotografen und ein Symbol für den Stolz der deutschen Nachkriegsindustrie. Leider wurde die Contarex aber auch zu einem Beispiel für den Begriff „Over Engineering“, da sie mit ihrer extremen technischen Komplexität gleichzeitig ein großes wirtschaftliches Wagnis darstellte.
Die Japanische Pentax Spotmatic, welche ebenfalls in den 60er Jahren auf dem Markt erschien, hatte mit nur 400 Bauteilen den gleichen Funktionsumfang einer Contarex, aber war auf Grund ihrer einfachen Bauweise wesentlich leichter und damit auch robuster. Spätestens jetzt hätten die deutschen Kamerahersteller eigentlich die Zeichen der Zeit erkennen sollen, aber sie taten es nicht.
Die Voigtländer Ultramatic – Die Erste und Letzte ihrer Art
Während Zeiss Ikon auf Präzision und technische Überlegenheit setzte, suchte Voigtländer aus Braunschweig nach einer Möglichkeit, die Fotografie komfortabler zu machen, aber ging dabei ähnliche Wege.
1965 erschien die Voigtländer Ultramatic CS als Nachfolgerin der 1961 eingeführten, aber leicht fehleranfälligen Ultramatic. Sie war die erste vollautomatische Spiegelreflexkamera der Welt mit Offenblendenmessung durch das Objektiv. Das Licht konnte bei der Ultramatic CS durch das Objektiv (TTL) gemessen werden und die Kamera hatte – im Gegensatz zur Contarex – eine mechanisch gesteuerte Blendenautomatik. Für den verbauten CdS Belichtungsmesser benötigte die Ultramatic CS, anders als die Contarex, allerdings Batterien.
Die Mechanik der Ultramatic war ebenso komplex gearbeitet wie die der Contarex, aber etwas kompakter in einem sehr eleganten Gehäuse untergebracht. Ihr Compur-Zentralverschluss war damals eigentlich nicht mehr zeitgemäß, aber er arbeitete besonders leise und erlaubte das Blitzen bei jeder Verschlusszeit – ein klarer Vorteil gegenüber Schlitzverschlusskameras.
Voigtländer setzte dabei auf seine eigene, hervorragende Color-Skopar, Skopagon, oder Ultron-Objektivreihe, die für ihren warmen, harmonischen Bildcharakter bekannt war. Auch das legendäre Zoomar wurde für Voigtländer von Heinz Kilfitt als weltweit erstes Zoom-Objektiv (36-82mm f2,8) entwickelt.
Trotz dieser Innovationen war die Ultramatic ein finanzielles Wagnis. Die Entwicklungskosten waren immens, und der Markt begann sich zunehmend in Richtung japanischer Hersteller wie Nikon, Pentax, Minolta und Canon zu verschieben, welche günstigere, einfachere und damit robustere Kameras mit wachsender Elektronikkompetenz anboten.
Zwei Wege, ein Schicksal:
Sowohl die Zeiss Ikon Contarex als auch die Voigtländer Ultramatic verkörpern das Ende einer Ära – die Zeit, in der deutsche Kameras die Welt beherrschten, bevor die japanische Konkurrenz mit einfacheren, aber robusten und leider auch innovativeren Kameras die Führung übernahm.
Obwohl Zeiss schon seit Mitte der 50er Jahre eine Aktienmehrheit bei Voigtländer besaß und der Vertrieb und die Organisation beider Hersteller 1966 zusammengelegt wurden, machten sich Zeiss und Voigtländer viele Jahre selbst Konkurrenz in der damals ohnehin schon schwierigen Zeit. Gemeinschaftliche Projekte wie die Zeiss Ikon/Voigtländer Icarex 35 hatten am Ende, auch auf Grund der wachsenden Macht der Japaner und interner Unstimmigkeiten leider keinen erhofften Erfolg.
Zeiss Ikon stellte die Contarex-Reihe Anfang der 1970er ein, Voigtländer stellte 1972 die Produktion von selbst produzierten Kameras ein. Kurz darauf endete die gemeinsame, aber nicht sehr erfolgreiche Geschichte im Kamerabau dieser Traditionsfirmen.
Heute sind die Contarex und Ultramatic gesuchte Sammlerstücke, bewundert für ihre Handwerkskunst und technische Raffinesse. Sie erzählen vom Traum, das Beste zu bauen – auch wenn die Welt, oder der Markt dafür einfach nicht bereit ist. Oder, weil der Kunde damals lieber eine Kamera gekauft hat, welche für weniger Geld und mit weniger Komplexität den gleichen Funktionsumfang bot.
Wer heute eine Contarex oder Ultramatic in den Händen hält, spürt sofort, dass diese Kameras nicht nur Werkzeuge waren, sondern mechanische Kunstwerke, welche leider am Markt vorbei konzipiert wurden. Sie erinnern daran, dass Präzision, Leidenschaft und der Wille zur Perfektion ein Vermächtnis hinterlassen können, das weit über die Zeit hinaus Bestand hat. Allerdings sollte man sich auch daran erinnern, dass genau dieser Drang zu technisch aufwändigsten Lösungen beiden Kamera-Herstellern zum Verhängnis wurde.
Design oder nicht sein: Eine kleine Geschichte über das Kamera-Design im Laufe des letzten Jahrhunderts.
In den Anfängen der Fotografie im 19. Jahrhundert, als der überwiegende Teil der Kameras noch aus Holz oder einfachen Blech bestand, war das Design dieser Fotografischen Werkzeuge eher nebensächlich. Die Fotografie war neu und zu dieser Zeit größtenteils einem elitären Keis vorbehalten, der sich diese neue Technik auch leisten konnte.
Die Gestaltung als einfache Boxkamera, oder einer, mit einem Lederbalgen versehene Laufbodenkamera bot den Erbauern und Entwicklern nicht sehr viel Spielraum für Design-Experimente. Lediglich durch die Farbgebung, die Gestaltung der mechanischen Bauteile, oder durch eine komplett extravagante Konstruktion konnten die, meist kleinen Hersteller/Manufakturen sich von ihren Mitbewerbern absetzen. Augenfällig anders geartete Kameras ergaben sich in den Anfängen der Kameraentwicklung eigentlich nur durch ungewöhnliche Klappmechanismen und die, nicht immer mit Erfolg belohnte Experimentierfreudigkeit kleinerer Hersteller.
In den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhundert änderte sich dies allerdings relativ schnell. Kleinere Filmformate wie der, von Oskar Barnack für die Fotografie bekannt gemachte 35mm Kinofilm und neue Werkstoffe wie z.B. Bakelit und Aluminium-Guss, ergaben neue Möglichkeiten in der Kameraentwicklung. Auch die damals vorherrschenden Stilrichtungen wie Art Déco, Streamline oder das spätere Space-Age konnten damit in die Entwicklung und Konzeption von Kameragehäusen einfließen.
Aus den vormals nüchternen „Kisten“, welche einzig und allein der Fotografischen-Funktion folgten, wurden also langsam Werkzeuge, deren Design auch ein Statement für ihre Besitzer darstellen sollten. Bei vielen, dieser damals avantgardistisch, extravagant, oder einfach neu gestalteten Kameras ist leider kein expliziter Designer bekannt, aber trotzdem haben diese Geräte heute einen hohen Wiedererkennungswert und somit auch einen gewissen Sammlerwert.
Einige dieser Kameras schafften es sogar auf Grund ihres Designs in den „Olymp der Kunst“ nämlich in das Museum of Modern Art (MoMA) in New York, oder diverse andere Kunst- oder Design-Ausstellungen.
Ein paar dieser außergewöhnlich schönen, eleganten, oder ungewöhnlichen Kameras möchte ich hier einmal kurz vorstellen:
1. Die Kodak Bantam Special, USA 1936-1940. Design: Walter Dorwin Teague 1883-1960.
Wenn eine Kamera als Art Déco Ikone bezeichnet werden darf, dann ist es die 1936 auf den amerikanischen Markt gekommene Kodak Bantam Special, welche vom sehr erfolgreichen Industrie-Designer Walter Dorwin Teague gestaltet wurde.
Das Design-Büro von Walter Dorwin Teague und seinem Team war damals nicht nur für herausragendes Industrie-Design bekannt, sondern haben z.B. auch die einheitliche Architektur der Texaco Gas Stations, d.h. Texaco-Tankstellen in den USA der 1930er Jahre entworfen, oder das komplette Interior der 1940 in den Dienst gestellten Boeing 307 Stratoliner designt.
Teague folgte dabei stets seiner Devise, dass gutes Design nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch ansprechend sein soll und nutzte dafür die neuesten Technologien und Materialien seiner Zeit. Neue Werkstoffe wie z.B. Bakelit, oder neue Verarbeitungsmöglichkeiten von Aluminium, sowie neue, oder anders gedachte Verfahren in der Oberflächenbehandlung resultierten, zusammen mit Walter Dorwin Teague und Kodak, zu bemerkenswert schönen Kameras wie der hier vorgestellten Kodak Bantam Special. Obwohl ihr Gehäuse und die Mechanik eigentlich den damaligen Balgen-Kameras gleicht, wurden bei der Gestaltung und dem Oberflächendesign völlig neue Wege gegangen. Entgegen der damals üblichen Belederung des Gehäuses wurde das, im Aluminium-Druckguss Verfahren gefertigte „clamshell“ Gehäuse mit eleganten Art Déco typischen Streifen versehen und schwarz emailliert.
Die äußere Erscheinung dieser Kamera stellte damals etwas völlig Neues dar, ohne die grundlegende Technik dieser Kameras neu zu denken. Walter Dorwin Teague hat für Kodak einige andere Kameras, wie z.B. die Kodak Beau Brownie, Kodak Bullet, etc. designt und war später auch für Polaroid tätig.
2. Die Purma Special, England 1937-1959. Design: Raymond Loewy 1893-1986.
Vermutlich wäre die englische Firma Purma Cameras Ltd, gegründet 1935 von Tom Purvis und Alfred C. Mayo heute größtenteils in Vergessenheit geraten, da sie nicht gerade fotografische Präzisionswerkzeuge, oder hochwertige Objektive hervorgebracht haben. Günstig herstellbare Kameras für den 127 Rollfilm gab es vor und nach dem 2. Weltkrieg in unzähligen Varianten von etlichen Herstellern. Überhaupt war England zu dieser Zeit, meines Erachtens nach zu Unrecht, nicht gerade dafür bekannt, herausragende Kamera-Technik anzubieten.
Warum ist die Purma Special Kamera also so etwas Besonderes? Diese Frage wird spätestens dann überflüssig, wenn man diese Kamera das erste Mal sieht und in den Händen hält. Ohne Hintergrundwissen bekommt man eine Kamera zu sehen, dessen äußere Erscheinung im wahrsten Sinne des Wortes zeitlos zu sein scheint. Das Gehäuse aus Bakelit, welches von oben betrachtet, die Form einer abgerundeten Raute hat, ist mit einer Nadelstreifen-artigen Riffelung versehen, und diese Kamera folgt mit ihren wenigen, im Gehäuse versenkten Bedienelementen, extrem der „Sprache der Symmetrie“. Quasi ganz nebenbei hat die Purma Special auch noch einen unverwechselbaren und unverwüstlichen Verschluss-Mechanismus. Der, von der Schwerkraft gesteuerte Verschluss, ergab je nach Haltung der Kamera drei unterschiedliche Verschlusszeiten. Realisiert wurde diese Technik durch einen massiven Metall-Verschluss, welcher auf einer gebogenen Führung in verschiedenen Zeiten vor das Objektiv fiel. Normal gehalten hat die Kamera eine Verschlusszeit von 1/150 Sekunde, nach rechts gedreht ergibt sich eine 1/25 Sekunde und nach links gedreht erhält man eine 1/450 Sekunde, Diese Technik war nur umsetzbar, da das Filmformat auf 127 Rollfilm mit 31x31mm quadratisch ist und die Haltung der Kamera dieses Format damit nicht verändert. Genial einfach, oder einfach Genial!?
Wann wurde diese Kamera gebaut?
Technisch und von der verwendeten Art des Filmmaterials ist sie von „gestern“, aber das Design wirkt auch heute noch so aktuell und „futuristisch“, dass man sie ohne Weiteres auch Filmberühmtheiten wie Batman oder Darth Vader in die Hand drücken möchte. Die Antwort auf die vorangegangene Frage lautet: Das Design dieser Kamera wurde 1937 (!) vom genialen Industrie-Designer Raymond Loewy entworfen und von der Firma Purma Cameras Ltd produziert.
Raymond Loewy hat damit nicht nur sein Design und sich selbst unsterblich gemacht, sondern auch der kleinen Firma Purma Cameras Ltd zu späterer Bekanntheit verholfen. Die Purma Special Kamera wird, genauso wie die Kodak Bantam Special im bekannten Museum of Modern Art (MoMA) in New York ausgestellt und gelten heute als Ikonen des Industrie-Designs.
Raymond Loewy folgte einem Prinzip, dass er selbst „MAYA“ genannt hat: Most Advanced Yet Acceptable, also das Neueste, aber noch begreifbare, akzeptierte Design, welches der Kunde versteht und annimmt. Raymond Loewy hat unter anderem für die NASA, Shell, Lucky Strike und etliche andere Unternehmen bekannte Logos entworfen und gearbeitet. Vermutlich hat jeder von uns auch schon einmal ein Raymond Loewy Design in den Händen gehalten, da z.B. auch die klassische Coca-Cola Flasche mit ihrem bauchigen Design aus seiner Feder stammt.
Übrigens trägt die Lackierung der Air Force One ebenfalls die Handschrift von Raymond Loewy, auch wenn Herr Loewy sich bezüglich des momentanen (2025/26) „Passagiers“ vermutlich an den Kopf fassen würde. Raymond Loewy war ein herausragender Designer, der nicht nur der Purma Special, sondern auch einigen Kameras von Ansco, wie beispielsweise der Anscoflex II und angeblich auch der Anscomark M ein unverwechselbares Erscheinungsbild gegeben hat.
3. Die Zeiss Ikonette 35, Deutschland 1958-1960. Design: Heinrich Löffelhardt 1914-1979 und Hans Erich Slany 1925-2013.
Diese ungewöhnlich gestaltete 35mm Kamera wurde von Zeiss Ikon im Jahr 1958 auf den Markt gebracht und 2 Jahre später, also 1960 wieder vom Markt genommen. Angeblich gab es bei dieser Kamera unreparierbare Probleme mit der Lichtdichtigkeit, so dass die meisten Ikonette 35 von Zeiss Ikon zurückgekauft und vernichtet wurden.
Ob dies wahren Begebenheiten entspricht, lässt sich im Dunkel der Geschichte heute leider nicht mehr genau sagen. Tatsache ist aber, dass diese, 1958 von Zeiss Ikon vertriebene Kamera, heute eher selten in einem guten Zustand zu finden ist und auch für einige Verwirrungen sorgt, da es eine bekannte, von Zeiss gefertigte Balgenkamera aus Vorkriegszeiten mit gleichen Namen gibt.
In der Nachkriegs-Zeit überschlugen sich die Ereignisse, der wirtschaftliche Aufschwung im kriegszerstörten Deutschland nahm, dank des Marschalls-Planes wieder Fahrt auf und etliche kleine Firmen/Hersteller versuchten sich an dem Bau von einfachen Kameras, vorzugsweise einfach um hungrige Münder zu stopfen.
Zeitgleich gab es bei diversen Kameraherstellern erste Ost/West-Unstimmigkeiten. Auch Carl Zeiss Jena (Ost) und Zeiss Ikon Stuttgart (West) erging es damals so. Je nach Fertigungsort wurden z.B. die berühmten Zeiss Tessar Objektive jetzt also als Zeiss Jena Tessar (Ost), oder als Zeiss Opton Tessar (Zeiss, Opton Optische Werke Oberkochen West) bezeichnet. Ein schwieriges Durcheinander in einer Zeit, in dem die Zeiss Ikon Ikonette 35 (West) nur als Nebenerscheinung auftrat, es aber heute zu einer gewissen Bekanntheit geschafft hat.
Warum eigentlich? Die kleine Zeiss Ikonette 35 besaß nie ein Zeiss Tessar, sondern wurde lediglich mit einem Zeiss Novar (Standard-Objektiv mit drei Linsen) und einem einfachen Pronto-Verschluss angeboten. An der Optik/dem Verschluss kann es also nicht gelegen haben. Der eigentliche Grund, dass diese kleine Kamera heute eine seltene Bekanntheit erreicht hat, ist einfach und allein ihr außergewöhnliches Design, welches mit der Nierenförmigen Grundform und einem Gehäuse aus grau-blauen Bakelit und Metall damals aus der Masse deutscher Kameras herausstach.
Wer hat diese außergewöhnliche Design also entworfen und konzipiert? Es war Heinrich Löffelhardt in Zusammenarbeit mit Hans Erich Slany. Heinrich Löffelhardt hatte seine Design-technischen Schwerpunkte eigentlich im Bereich Porzellan und Glas, da er 1952 künstlerischer Leiter der Porzellanfabriken Arzberg und Schönwald war und sich ab 1954 für die Formgebung beim Glaswerk Schott & Gen in Mainz verantwortlich zeigte. Später entwickelte Heinrich Löffelhardt dann zusammen mit Hans Erich Slany das bekannte Design für die Zeiss Ikon Ikonette 35. Übrigens hat Hans Erich Slany auch an der Entwicklung des berühmten Mercedes-Benz 300SL der Daimler AG mitgewirkt.
Die Zeiss Ikonette 35 ist eigentlich nur eine simple Kamera, welche aber unverkennbar durch ihren Nieren-Tisch artige Formgebung und ihre Farbgestaltung die 50er Jahre im Nachkriegs-Deutschland wiederspiegelt. Genau dies macht die Zeiss Ikonette 35 heute zu einer seltenen, zeittypischen Design-Ikone.
4. Die Welta Penti 1, Ostdeutschland (DDR) 1959-1960. Design: Horst Griese 1931-1987 und Jürgen Peters 1931-2009.
Der Entwurf dieser außergewöhnlichen, kleinen Kamera für das 18x24mm Halbformat stammt aus dem Jahr 1957. Gebaut wurde sie von 1959-ca.1960 Im Welta Kamerawerk Freital.
Alleine Ihre äußere Erscheinung mit den Gold-Eloxierten Aluminium-Gehäuseschalen und den verschiedenfarbig angebotenen Gehäuse-Rahmen lässt die Penti 1 aus der Masse der damals angebotenen Kameras deutlich herausstechen. Vermutlich sollte diese hübsche äußere Formgebung auch die weibliche Kundschaft ansprechen, da die Welta Penti 1 problemlos auch als Mode-Accessoire angesehen werden konnte.
Leider hat meine Recherche über die Designer/Entwerfer Horst Griese und Jürgen Peters nicht sehr viel an Informationen geliefert, aber dennoch finde ich, dass die Welta Penti 1 sich einen Platz unter den herausragenden Kamera-Designs verdient hat.
5. Die WZFO Alfa/Alfa 2 Polen 1961-1968. Design: Krzysztof Meisner und Olgierd Rutkowski.
Wenn man die WZFO Alfa das erste Mal sieht, mag man kaum glauben, dass diese ungewöhnliche Kamera ihren Ursprung im, damals noch unter sowjetischen Einfluss stehenden Polen, der 1950er Jahre hat. Die vertikale Bauweise, verwendete Materialien und das, eher an einen amerikanischen Kühlschrank der 1950er erinnernde Design, entsprechen so gar nicht der sozialistischen Nüchternheit und Zweckmäßigkeit der damaligen Volksrepublik Polen.
Offenbar gab es mit Krzysztof Meisner, Olgierd Rutkowski und anderen kreativen Köpfen durchaus Designer und Freigeister, welche es mit ihren mutigen, ungewöhnlichen Ideen bis zu einer Serienherstellung schafften. Die, für den 35mm Film konzipierte Kamera, gab es übrigens genau wie die Welta Penti in verschiedenen Farben.
Leider ergab meine Recherche/Nachforschung auch bei der Alfa/Alfa 2 keine nachvollziehbaren und stichhaltigen Informationen. Laut einigen Quellen soll die WZFO Alfa ab 1961 sehr erfolgreich verkauft, aber wegen technischer Probleme kurz danach wieder vom Markt genommen worden sein. An anderer Stelle ist zu lesen, dass die Alfa/Alfa 2 von 1961-1968 produziert wurde, aber dies würde nicht die heutige Seltenheit dieser Kameras erklären. Auch über die genannten Designer Krzysztof Meisner und Olgierd Rutkowski gibt es keine genauen Daten oder andere Projekte.
Die, heute sehr selten zu findende Alfa oder Alfa 2, verdient auf jeden Fall eine Erwähnung bezüglich ihres Designs, da es uns heute nicht nur die Stilrichtung, sondern auch die Umbrüche dieser damaligen Zeit näherbringt.
Es gibt und gab natürlich noch etliche andere Designer, welche in der Kamera-Industrie ihre Spuren hinterlassen haben. Da ich schon seit meiner Kindheit mit Canon Kameras fotografiere, möchte ich an dieser Stelle nur Luigi Colani (1928-2019) nennen, mit dessen Design-ideen ab 1986 in Form der Canon T90 das organisch, runde Design der Spiegelreflexkameras von Canon Einzug gehalten hat. Sogar aktuelle Canon Kameras zeigen dabei immer noch Merkmale des bekannten Colani-Designs.
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© Kai Hormann
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